Die Aussetzung von Beiträgen zur betrieblichen Altersversorgung aufgrund eines Tarifvertrags zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise und zur Absicherung des Kabinenpersonals muss zu ihrer Wirksamkeit den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Maßstäben zum Vertrauensschutz und zur Verhältnismäßigkeit bei verschlechternden Tarifregelungen genügen.
In dem hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall war der klagende Arbeitnehmer von Oktober 1997 bis zum 31.01.2022 als Flugbegleiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand für die betriebliche Altersversorgung der Tarifvertrag Lufthansa Rente Kabine Anwendung. In dem Tarifvertrag ist insbesondere geregelt, dass die Arbeitgeberin verschiedene arbeitgeberseitige Beitragszahlungen zur Altersversorgung leistet. Aus dem Anlass der Coronakrise schlossen die Tarifvertragsparteien Ende Juni 2020 einen Tarifvertrag über Maßnahmen zur Eindämmung der Folgen der Coronakrise1. Dieser sah für seine ursprüngliche Laufzeit bis zum 31.12.2023 ua. den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen, eine Aussetzung der Beiträge zu verschiedenen Systemen der betrieblichen Altersversorgung, aber auch ein Einfrieren der tariflichen Vergütung vor. Die Aussetzung der Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung sollte nicht für Mitarbeiter gelten, „die innerhalb der von der Deutsche Lufthansa AG gesetzten Annahmefrist des Freiwilligenprogramms einen Aufhebungsvertrag abschließen oder aufgrund der Freiwilligenprogramme in die Versorgung ausscheiden“. An einem ersten Freiwilligenprogramm aufgrund einer Duldungsvereinbarung der Arbeitgeberin mit der Gruppenvertretung Kabine DLH nahm der Arbeitnehmer nicht teil. Er schied erst auf der Grundlage einer zweiten Duldungsvereinbarung mit dem Namen „Now!Cabin“ aus. Am 25.05.2022 schlossen die Tarifvertragsparteien eine sog. Vereinbarung zur Klarstellung des TV Krisenbeitrag und Absicherung Kabine LHA mit dem Inhalt, dass sämtliche Bezugnahmen auf ein Freiwilligenprogramm oder die Freiwilligenprogramme im Tarifvertrag ausschließlich die in der ersten Duldungsvereinbarung beschriebenen freiwilligen Maßnahmen beträfen. Der Arbeitnehmer hat geltend gemacht, er komme in den Genuss der Rückausnahme des Tarifvertrags Krisenbeitrag und Absicherung Kabine LHA, sodass die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung für ihn nachzuentrichten seien.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht Köln hat auf die Berufung des Arbeitnehmers der Klage stattgegeben2. Die hiergegen gerichtete Revision der Arbeitgeberin hatte beim Dritten Bundesarbeitsgericht des Bundesarbeitsgerichts Erfolg; das Bundesarbeitsgericht hat das Urteil aufgehoben und die Sache – mit Ausnahme der unbegründeten Zinsforderungen des Arbeitnehmers – zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht Köln zurückverwiesen:
Zwar finde die Rückausnahme der Aussetzung der Beiträge des Tarifvertrags Krisenbeitrag und Absicherung Kabine LHA auf den Arbeitnehmer wegen der Klarstellungsvereinbarung vom 25.05.2022 keine Anwendung. Die ursprüngliche tarifliche Regelung war unklar, sodass die spätere Vereinbarung die Lage klarstellen durfte. Allerdings ist die Aussetzung der Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung nach den Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts für Tarifverträge zum Vertrauensschutz und zur Verhältnismäßigkeit zu überprüfen. Die Tarifvertragsparteien sind danach zwar nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Wenn die tarifliche Regelung aber zu einer Beschränkung oder zu einem Eingriff in Versorgungsrechte führt, bedürfen die Tarifvertragsparteien legitimierender Gründe. Deren Gewicht hängt von den Nachteilen ab, die den Versorgungsberechtigten durch die Änderung der Versorgungsregelungen entstehen. Dies wird das Landesarbeitsgericht Köln ua. zu überprüfen haben.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. November 2024 – 3 AZR 28/24